IT-PROJEKTE PLANEN UND PROJEKTTEAMS ZUSAMMENSTELLEN – SO GELINGT ES. TEIL 2

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10.05.17 16:12

Im ersten Teil haben Sie erfahren, wie Sie Ihre IT-Projekte so planen, dass Sie nicht andauernd Kriseninterventionen haben und Projekte zeitlich oder finanziell aus dem Ruder laufen. Zur Erinnerung: Ein ehemaliger Kollege von mir hatte ein wirklich großes Projekt zu leiten, nämlich die Programmierung einer App für einen Dienstleistungskonzern. Am Ende wurde es zwar ein Erfolg, aber wir haben viele Abende beisammengesessen, weil es andauernd zu Schwierigkeiten kam. Die besondere Herausforderung bei vielen IT-Projekten ist die, dass sie oft mehrere Interessengruppen mit unterschiedlichen Anforderungen betreffen. Vier Lösungspunkte gab es, damit ein Projekt sauber geplant und damit ohne größere, vermeidbare Katastrophen umgesetzt werden kann:

1.       Machen Sie einen klaren Vertrag

2.       Regeln Sie den Umgang mit Veränderungen – vorher

3.       Planen Sie Test- und Endabnahmen ein

4.       Betreiben Sie Change-Management und -Kommunikation

Es gibt aber noch einen fünften Punkt, und der ist nicht minder wichtig. Nämlich die zielgerichtete Zusammensetzung Ihres Teams nach verschiedenen Persönlichkeiten.


5. Vergeben Sie Projektrollen auch nach Persönlichkeit

Natürlich geht es bei der Zusammenstellung Ihres Projektteams zunächst nach Fachkenntnissen. Aber das ist eben noch nicht alles. Jeder von uns hat darüber hinaus eine präferierte Rolle, die er in Teams mühelos einnimmt. Achten Sie also auch darauf, dass die Rolle zur Persönlichkeit passt. Eine gute Hilfe bieten zum Beispiel die Teamrollen nach Belbin, die mit einem einfachen Fragebogen zu ermitteln sind. Übrigens: Das ist generell eine tolle Team-Übung, die Sie mit Ihren Mitarbeitern machen können. Sie fördert das Verständnis füreinander und insbesondere dafür, warum mancher anders agiert und reagiert, als der Kollege oder man selbst.

Und so ist das Konzept zustande gekommen: In den 1970er Jahren forschte der englische Sozialwissenschaftler Dr. Meredith Belbin über die Wirkung unterschiedlicher Persönlichkeiten in Teams auf das Arbeitsergebnis. Er definierte neun Persönlichkeitstypen und schloss aus seinen Forschungen, dass ein Team erst dann effektiv arbeitet, wenn möglichst viele dieser neun Charakteristika und Verhaltensweisen in einem Team vorhanden sind. Aus meiner Sicht müssen (und können) nicht immer alle neun Persönlichkeitstypen vertreten sein. Dennoch halte ich es für ein tolles Konzept, das man bei der Besetzung seiner Teams beachten sollte. Hier sind die Teamrollen nach Belbin:

 

Der Macher

Der Macher ist schnell gelangweilt. Dafür zieht er andere Teammitglieder mühelos mit. Allerdings fehlt ihm oft das Verständnis für diejenigen, die nicht so umsetzungsstark sind, wie er, dann kann es zu Vorwürfen und Konflikten kommen. Im Team sollte der Macher eine Rolle haben, die seine Antriebsstärke ausnutzt, aber nicht zu eigenständig agiert, damit er vom Teamleiter auch einmal zurückgepfiffen werden kann, wenn er zu schnell vorprescht. Ich habe einmal den Fehler begangen, so einem Macher einen weiteren an die Seite zu stellen. „Prima“, dachte ich, „die beiden zusammen schaukeln das!“ Stattdessen haben die sich aber das ganze Projekt über behakelt und um die Vorherrschaft gestritten. Hatte der eine seine Idee durchgebracht, wurde sie vom anderen durch eine vermeintlich bessere ersetzt. Ich musste am Ende einen der zwei abziehen, dann ging es. Also: Ein Macher pro Team reicht, sonst gibt es Streit.

 

Der Spezialist

Der Spezialist hat Fach-Know-how, das kein anderes Teammitglied hat. Oft ist er aber eher zurückhaltend, so dass er von stärkeren Charakteren im Team an die Wand geredet wird. Zudem können Spezialisten oft nicht gut mit Druck umgehen. Sie leisten aber einen wichtigen Beitrag zum Erfolg und sollten daher geduldig unterstützt werden. Jedes Team benötigt einen Fachspezialisten, der dafür sorgt, dass fachlich alles korrekt verläuft und oft seismographisch auf Fehler und Störungen reagiert. Ich habe zudem die Erfahrung gemacht, dass viele Spezialisten sehr klare Aufträge benötigen. Ein ehemaliger Mitarbeiter von mir war so jemand, er fummelte sich sofort in seine Aufgaben ein und arbeitete so lange daran, bis er selbst zufrieden war. Das war zwar super, aber man musste ihn immer ein bisschen „wecken“ und ihm mitteilen, wenn seine Aufgabe schon abgeschlossen war oder das Team inzwischen eine andere Richtung eingeschlagen hatte. Ich habe aber sehr gern mit ihm zusammengearbeitet und wusste seine Expertise zu schätzen.



Der Umsetzer

Der Umsetzer braucht Vorgaben, die wird er gewissenhaft umsetzen. Als kreativer Ideengeber oder Innovator ist er weniger geeignet. Er braucht Aufgaben, bei denen er ganz genau weiß, was wann für ihn zu tun ist. Dann wird er diszipliniert und in den meisten Fällen auch mit viel Engagement so lange arbeiten, bis das Projekt auf der Straße ist – und fährt. Am besten ist der Umsetzer als Team-Mitspieler für einen kreativen Kopf einzusetzen, denn er wird das in die Praxis umsetzen, was dieser sich überlegt. Ich habe schon manche Projekte beobachtet, in denen genau diese Rolle fehlte. Da wurde diskutiert und abgewogen und Ideen eingebracht und verworfen und sich gestritten und versöhnt und Geld nachgeschossen, eine Beta-Version entwickelt und noch eine. Die Konkurrenz war aber mittlerweile tätig und vorbeigezogen, das Projekt war gestorben. Mit einem effektiven Umsetzer an Bord wäre das nicht passiert, achten Sie also darauf, so einen pragmatischen Zeitgenossen in ihr Team zu holen.

Der Wegbereiter

Ihr Projekt kommt nicht voran? Dann brauchen Sie jetzt den Wegbereiter, manchmal auch als „Weichensteller“ übersetzt. Er ist ein hervorragender Kommunikator und sehr beliebt, zudem ist er enthusiastisch und sorgt für gute Stimmung. Sein großes Netzwerk und seine hohe Sozialkompetenz helfen, das Projekt auch bei Engpässen voranzutreiben. Ganz wichtig finde ich diese Rolle auch, um über den Tellerrand zu schauen. Was macht die Konkurrenz? Gibt es außerhalb des Projektteams Quellen, die wir nutzen können? Diese Fragen stellt der Wegbereiter und das ist gerade in der vernetzten Welt unumgänglich. Allerdings: Die Wegbereiter selbst stehen nicht gern ganz vorn als Führungsspieler auf dem Platz. Außerdem muss man ein bisschen aufpassen, dass sie auch dann bei der Stange bleiben, wenn der erste Hype vorbei ist.

Der Koordinator

Der Koordinator hat stets das große Ganze im Blick und ist für eine führende Rolle in einem Projektteam geeignet. Er ist jemand, der einerseits vertrauensvoll und tolerant ist, andererseits aber auch dominant, so dass er eben das Vertrauen und das tolerante Miteinander in ein Team transportieren kann. Ich persönlich achte wann immer möglich darauf, dass ich mindestens zwei Koordinatoren im Projektteam habe, falls mal einer ausfällt. Denn sie bewegen das Projekt aktiv und verantwortlich, sind Dreh- und Angelpunkt und immer ansprechbar. Ohne sie kommt jedes Projekt über Kurz oder Lang zum Erliegen.

Der Erfinder

Der Erfinder trägt mit außergewöhnlichen Ideen oft entscheidend zum Erfolg ihres Projektes bei, denn er möchte sich von anderen – der Konkurrenz zum Beispiel – abheben. Allerdings stehen die Erfinder oft nicht so gern in der hinteren Reihe und sind nicht gerade geborene Teamplayer. Sie kommen zum Einsatz, wenn entscheidende Veränderungen, Ideen oder Impulse benötigt werden. Wer seine Innovationsabteilung aufstocken will kommt ohne Erfinder (Auch „Neuerer“ genannt) nicht aus. Erfinder haben es nach meiner Beobachtung oft schwer, aus zwei Gründen: Erstens ist es nicht ganz einfach, für zum Teil radikal neues Denken den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Das Los der Erfinder ist, dass sie oft zu früh auf das kommen, was ein paar Jahre später nachgefragt wird. Nicht selten haben sie ihre Ideen sehr früh entwickelt, sind von Zweiflern ausgebremst worden und ziehen sich dann beleidigt zurück, statt sich auseinanderzusetzen oder Geduld zu haben. Und: Sie streiten sich mit den Perfektionisten, dabei brauchen die beiden sich. Erfinder werden oft etwas schief angesehen, gerade in tradierten Strukturen und sind ihrerseits nicht immer tolerant, wenn Bedenken geäußert werden. Teams mit kommunikativ starken und toleranten Erfindern und Perfektionisten können Großes leisten.

Der Beobachter

Der Beobachter ist immer gut informiert über die Aktivitäten innerhalb des Teams. Oft will er aber nicht aktiv etwas ändern. Er ist nüchtern und kritisch und auf die Risiken konzentriert, so dass ihm die Rolle des Beschwerdeführers liegt. Ihr Team steckt fest, weil verschiedene Optionen abgewogen werden müssen? Dann fragen Sie Ihren Beobachter im Team, er wird Ihnen sagen, was die jeweiligen Vor- und Nachteile sind und welche Folgen sich daraus ergeben. Nach vorne bringen wird er Ihr Projekt aber eher nicht. Ehrlich gesagt, ich muss bei dieser Rolle immer ein bisschen an Anwälte denken.

Der Teamplayer

Wer zu diesem Persönlichkeitstyp gehört ordnet seine eigenen Interessen denen der Gruppe gern unter. Meist sind sie beliebt und bauen Spannungen ab. Auch mit schwierigen Teammitgliedern kommen sie oft gut klar. Allerdings neigen Sie dazu, in kritischen Situationen unentschlossen zu sein, sie haben meist keine ausgeprägte eigene Meinung oder halten mit dieser hinterm Berg. Daher ist der Teamplayer nicht für führende Aufgaben geeignet, sondern für solche, die darauf abzielen den Teamgeist zu stärken und zu fördern.

Wer zu welchem Typ gehört kann ganz einfach mittels einem Fragebogen ermittelt werden. Natürlich gibt es keine „reinen“ Zuordnungen, aber sehr wohl Tendenzen, die wir alle in uns tragen. Wer darauf achtet, die Aufgaben auch auf diese Merkmale abzustimmen und ein mögliches heterogenes Team zu formen wird dabei erfolgreicher sein als derjenige, der sein Team rein nach Fachkenntnissen zusammenstellt.

Mein Kollege, der bei der Entwicklung der App so viele Schwierigkeiten zu meistern hatte, hat sich vorgenommen, beim nächsten Projekt mehr auf die Persönlichkeiten und ihre typischen Rollen zu achten. Er hatte nämlich die Führung großer Teile des Projektteams einem „Erfinder“ übertragen. Schließlich sollte etwas ganz Neues und auch etwas Unorthodoxes entwickelt werden. Der war aber gänzlich ungeeignet, auf die Sorgen seiner Teammitglieder einzugehen, außerdem plante er so spontan und intuitiv, dass man sich auf nichts wirklich verlassen konnte. „Nächstes Mal stelle ich so jemandem einen Teamplayer an die Seite und einen, der etwas umsetzungsstärker ist“, resümierte er im Anschluss. Ich glaube, die Teamrollen nach Belbin hätten ihm geholfen.

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Bildquelle: Ollyy / Shutterstock

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