Geben Sie nicht auf! Oder doch?

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06.12.17 16:16

Wann Aufgeben die beste Option ist. Eine Buchbesprechung.

„Halte durch!“, „Gib nicht auf!“, „Hast Du alles versucht?“. Diese und ähnliche Durchhalteparolen kennen wir alle. Mitunter gepaart mit Sinnsprüchen wie „Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut“. Gerade was eine berufliche Laufbahn angeht ist uns ja allen klar, dass wir Durststrecken überwinden – also durchhalten – müssen, um gut und erfolgreich zu sein. Das Buch von Seth Godin „The Dip“ (Portfolio, 2007) schaut hier etwas genauer hin. Godin sagt: Unter bestimmten Voraussetzungen kann Aufgeben durchaus die klügste Entscheidung sein. Also lieber smart zu stoppen, als sinnlos weiterzumachen. Ein interessanter Gedanke, wie ich finde. Und natürlich - schaue ich mir manche Karriere an, die mit viel Anstrengung doch im Mittelmaß versandet - muss ich ihm recht geben.

Eine Durststrecke kommt immer

Seth Godin geht in seinem Buch davon aus, dass wir in etwas richtig gut werden wollen. Aber nicht alle schaffen das, weil sie vorher aufgeben. Dabei gibt es typischer Weise zwei Gründe, aufzugeben: Wir haben einen Durchhänger („Dip“) oder wir stecken in einer Sackgasse („Cul-de-Sack“). Der Durchhänger ist dabei die Phase nach der Euphorie in einem neuen Projekt. Die Durststrecke, bevor der Durchbruch kommt. Natürlich kommt diese Phase immer. Jeder, der schon einmal eine längere Strecke gelaufen ist, kennt diese Phasen. Wer sie durchsteht, kann zu den Besten seines Fachs oder zu den Erfolgreichsten seiner Idee werden.

Ist es die Anstrengungen wert?

Um herauszufinden, ob wir in etwas richtig gut werden könnten, schlägt Godin eine kluge Herangehensweise vor. Und zwar, dass wir vor dem Start eines Projektes eine Strategie entwickeln, was wir im Falle eines Durchhängers machen. Dazu gehört, dass wir uns äußerst kritisch mit der Frage auseinandersetzen, ob das langfristige Ergebnis unsere Anstrengungen wert ist. Wollen wir das, was wir angehen, wirklich? Und: Verspricht es Erfolg? Viele Leute geben beim ersten Durchhänger auf, ohne diese Phase durchgehalten zu haben. Dabei unterscheiden sich genau dann die Guten von den Mittelmäßigen oder Schlechten. Ich persönlich kann ihm da nur zustimmen. Ich habe nicht wenige Karrieregespräche geführt, bei denen sich die Kandidaten von einer Anfangseuphorie in die nächste gehangelt haben. Sie haben nicht eine Krise durchgestanden. Über kurz oder lang merkt man das, da diese Kandidaten ihr Wissen nie wirklich weiterentwickelt haben. Gerade die Fähigkeiten, die man in einem Durchhänger entwickelt, sind aber aus meiner Erfahrung die, die uns weiterbringen. Wir können zum Beispiel lernen, selbstkritisch zu sein oder unsere Kommunikation zu verbessern. Wer also von seinem Ziel überzeugt ist, sollte Durchhänger als wichtiges Lernfeld und nicht als Störung verstehen. „Um nach vorne zu kommen und dort zu bleiben, kommt es nicht darauf an, wie gut du bist, wenn du gut bist, sondern wie gut du bist, wenn du schlecht bist.“ Das sagte eine der erfolgreichsten Tennisspielerinnen aller Zeiten, Martina Navratilova.

Niemals mittendrin aufhören

Um einen Dip für uns zu nutzen haben wir laut Godin genau zwei Möglichkeiten: Volle Kanne weitermachen und unseren Einsatz verstärken oder frühzeitig aufgeben. Mitten im Dip, also während des Durchhängers aufzuhören ist die schlechteste aller Varianten. Wer einen Marathon läuft, wird garantiert zwischendrin einen Durchhänger haben: vielleicht regnet es, die Kraft geht aus, der Kopf sagt „Ach komm, lass es.“ Wer dem nachgeht, wird niemals ankommen, hat aber schon viel Energie investiert. Wer sich aber vorher eine Strategie zurechtgelegt hat (Was mache ich, wenn der Durchhänger kommt) und sich vorher Gedanken gemacht hat, ob und warum das Ergebnis sich lohnt, der kommt durch den Durchhänger. “Never quit something with great long-term potential just because you can’t deal with the stress of the moment”, schreibt Godin. Für mich war das beim Lesen des Buches das wichtigste Learning. Bei aller Liebe zum Durchhalten – wenn es sich in Wahrheit nicht lohnt, ist es Energieverschwendung und wir müssen schnell unsere Segel streichen. Aber wenn es sich langfristig lohnt, darf ich auf keinen Fall aufgeben, weil es sich kurz mal unangenehm anfühlt. Ein schmaler Grat.

Sackgassen erkennen

Und woran erkenne ich eine Sackgasse nun konkret? Godin schreibt dazu: “The Cul-de-Sac ... is a situation where you work and work and work and nothing much changes.” Ein Arbeitsverhältnis zum Beispiel, bei dem ich mich lustlos abstrample, ohne dass es mir Möglichkeiten des Wachstums bietet, muss ich möglichst früh verlassen. Ich dachte an ein Projekt, das ich vor vielen Jahren in meiner Zeit als Student in Stanfort einmal begleitet hatte. Es war unglaublich zäh, die Studierenden befragten immer wieder Teilnehmer zu einem bestimmten Thema, das aber im Laufe des Projektes andauernd variiert wurde. Wir kamen dem Ziel des Projektes kein bisschen näher. Im Nachhinein denke ich, wir hatten gar kein klar definiertes Ziel. Das Projekt hätte gleich zu Beginn beendet werden müssen und durch ein anderes ersetzt, in das wir all unsere Energie hätten stecken können. Es war eine Sackgasse.

„Quitting is not Failing“

Am wichtigsten ist es also, sich eine kurzfristige und eine langfristige Strategie zurechtzulegen. Wie geht es mir nach der Probezeit, wie nach einem Jahr? Was habe ich gelernt? Wenn ich zum Beispiel nach einem Jahr merke, dass meine Arbeit mir nichts gibt, kann ich mir eine weitere Frist setzen und dann kündigen oder Bewerbungen schreiben. Es fünf, zehn oder gar 20 Jahre mit derselben Arbeit im selben Unternehmen immer wieder zu versuchen hat mit Durchhalten jedenfalls nichts zu tun. Das gleiche hätte für unser Uni-Projekt gegolten. Wir hätten ein klares Ziel definieren und gleich zu Beginn unseren Fortschritt kritisch überprüfen müssen. Nach drei Wochen hätten wir erste Ergebnisse überprüfen und mit dem Ziel abgleichen müssen. Nach einer weiteren Woche wäre die Entscheidung fällig gewesen, ob wir dran bleiben. „Quitting is not failing“, schreibt Godin und das stimmt. Strategisches Beenden eines aussichtslosen Kampfes ist eine kluge Entscheidung und kein Scheitern.

Das Licht am Ende des Tunnels

Die Formel, nach der wir entscheiden sollten, lässt sich also folgendermaßen zusammenfassen. Wenn mein Projekt unangenehm wird, gilt es festzustellen: Bin ich in einer Sackgasse oder in einem Durchhänger, einem Dip? Wenn es sich um eine Sackgasse handelt, steige ich so schnell wie möglich aus. Ist es ein Durchhänger, dessen Durchstehen in die Erreichung einer großartigen Idee münden kann, kämpfe ich. Oder, um noch einmal mit Seth Godins Worten zu sprechen: “Persistent people are able to visualize the idea of light at the end of the tunnel when others can't see it.” Howard Schultz, CEO von Starbucks, zum Beispiel war sich über seine Vision immer im Klaren. Hätte er aufgehört, als es schwierig und unbequem wurde, wäre das Unternehmen sicher nicht Nummer eins geworden.  Sehen Sie also dieses Licht am Ende des Tunnels, dann gilt es eben doch: Halten Sie durch! Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Viel Erfolg!

Übrigens bloggte ich schon einmal über die Entscheidung, ob ich eine Arbeit aufgeben sollte oder nicht, den Beitrag lesen Sie hier: „Kündigen oder Bleiben?“.

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Bildquelle: Syda Productions / Shutterstock

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