Überzeugen: 6 Geheimnisse, die dabei helfen

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31.03.16 16:12

Wenn ich Sie frage, wie Sie Ihre Entscheidungen treffen, werden Sie antworten, dass Sie zunächst alle verfügbaren Informationen sammeln und dann abwägen. Das heißt, um Sie zu überzeugen, muss man gute, sachliche Argumente in Form von Informationen bereithalten – oder? Falsch, sagt Steve Martin, erfolgreicher Buchautor, unter anderem des Buches „Yes! Andere überzeugen - 50 wissenschaftlich gesicherte Geheimrezepte“ (Englisch"Yes! 50 Scientifically Proven Ways to Be Persuasive."). Er sagt, dass wir das auf Grund der Flut an verfügbaren Informationen gar nicht bewältigen können und uns deshalb Abkürzungen suchen, um unsere Entscheidungen zu treffen. Und diese Abkürzungen können genutzt werden, um andere von unseren Vorhaben zu überzeugen. Ich finde es äußerst spannend, sich dieser menschlichen Mechanismen bewusst zu werden – und zwar nicht (nur), um meine Gesprächspartner zu überzeugen, sondern auch, um mich selbst zu hinterfragen, wenn ich überzeugt werden soll. Seine Abkürzungen beruhen auf Forschungsergebnissen und stellen universelle Verhaltensprinzipien dar. Hier sind sie.

Übrigens: Wer lieber schaut, als liest: Am Ende gibt es ein tolles YouTube-Video dazu.

1. Gegenseitigkeit 

Man hat herausgefunden, dass Restaurantgäste ein signifikant höheres Trinkgeld geben, wenn die Rechnung zusammen mit einer kleinen Süßigkeit überreicht wird. Dieses Prinzip nennt man Reziprozität, also Gegenseitigkeit. Wir neigen dazu, etwas zu tun oder auf eine bestimmte Art zu tun, wenn wir das Gefühl haben, dem anderen etwas zu schulden. Wichtig dabei ist, dass wir zuerst etwas geben, bevor wir etwas – eine Zustimmung nämlich – erhalten. Natürlich kann die „Süßigkeit“ auch verbaler Natur sein. Mit dem Eingangssatz „Gut siehst Du aus!“ zum Beispiel erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Ihren Gegenüber im Verlauf eines Gespräches von Ihrem Ansinnen überzeugen können.

2. Knappheit

Dieses Prinzip kennen Sie aus Ihren Online-Einkäufen. Schreibt Amazon, es seien nur noch fünf Stück eines Produktes auf Lager, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Sie es kaufen. Sonst würde Amazon es nicht schreiben, denn an sich hat diese Information ja keinen Wert. Es geht also darum, Leute dazu zu bringen, etwas zu wollen, von dem sie nur wenig erhalten können. British Airways hat 2003 angekündigt, dass die Concorde nun nicht mehr zweimal täglich zwischen London und New York verkehren würde, da es nicht wirtschaftlich sei. Was ist passiert? Die Buchungen gingen nach oben, weil das Gut knapp geworden ist. Für Ihre Überzeugungskraft heißt das: Erzählen Sie nicht nur, was Ihre Gesprächspartner gewinnen, wenn sie Ihnen folgen. Sondern auch, was sie verlieren würden, wenn sie Ihrem (einzigartigen) Argument oder Ansatz nicht  folgen.

3. Autorität

Sie wollen jemanden von etwas überzeugen, weil sie glauben, Sie haben Recht? Warum glauben Sie das? Was zeichnet Sie aus als jemanden, der etwas von der Sache verstehen würde? Wenn Ihnen das eingefallen ist, machen Sie das deutlich. Denn ob wir es wollen oder nicht, wir vertrauen in unserem Urteil und unseren Entscheidungen glaubwürdigen und sachkundigen Experten – das müssen wir auch, sonst müssten wir uns in diversen Fachgebieten ausbilden, nur, um unseren Alltag zu erledigen. Nicht umsonst hat Ihr Rechtsanwalt seine Fachanwaltsurkunde gerahmt im Büro hängen oder Ihr Fitnesstrainer sein Diplom. Am wertvollsten, um seine Expertise kund zu tun (und etwas bescheidener), sind Empfehlungen von Dritten. Wenn Sie die Möglichkeit haben, nutzen Sie sie.

4. Konsistenz

Wir mögen es, uns so oder so ähnlich zu verhalten, wie wir es angekündigt haben oder es beim letzten Mal gemacht haben – konsistent also. Das heißt auch, dass wir Verpflichtungen, die wir eingegangen sind, einhalten wollen. Ist Ihr Gesprächspartner, zum Beispiel ihr Kollege, Mitarbeiter oder Kunde, ein Commitment eingegangen, das mit Ihrer Gesprächssituation zu tun hat? Dann macht es laut Steve Martin Sinn, dieses auch zu erwähnen. Ich persönlich tue mich mit diesem Punkt etwas schwer und glaube, man muss äußerst vorsichtig sein, hier nicht „oberlehrerhaft“ zu agieren. Damit kann man seinen Gesprächspartner schließlich schnell gegen sich aufbringen. Wer seine Frau schon einmal an ihre Diätpläne erinnert hat, weiß, was ich meine. Aus meiner Sicht ist dieses Prinzip als Einleitung geeignet. Ich erinnere mich an ein jährliches Mitarbeitergespräch mit einem Vertriebsmitarbeiter, der dazu neigt, zu viel schriftlich zu kommunizieren. „Du hattest Dir ja im letzten Jahr vorgenommen, öfter zum Telefonhörer zu greifen statt eine E-Mail zu versenden. Darauf möchte ich noch einmal zu sprechen kommen.“ In diesem Fall musste ich kaum weiter reden, denn natürlich erinnerte er sich daran und es störte ihn selbst, dass er dieses Commitment nicht so umgesetzt hatte, wie er es sich vorgenommen hatte. Das Gespräch verlief dann sehr konstruktiv und erfolgreich.

5. Sympathie

Kennen Sie Situationen, in denen Sie überhaupt kein sachliches Gegenargument parat hatten, aber nicht auf den Zug Ihres Gegenübers aufgesprungen sind, einfach, weil Sie ihn nicht mochten? Ich schon, zum Beispiel bei einem Versicherungsvertreter. Ich konnte ihm einfach nichts abkaufen, weil ich ihn nicht mochte. Nun kann man sich ja nicht „gemocht“ machen. Aber wir können bei unserer Überzeugungsarbeit daran denken, welche Menschen uns sympathisch sind, nämlich solche, die uns ähnlich sind, solche, die uns Komplimente machen und solche, die mit uns kooperieren. Daraus folgt eine Empfehlung, die jeder Vertriebler kennt und die auf jede andere Überzeugungssituation übertragbar ist: Bevor Sie starten, zu verhandeln, unterhalten Sie sich. Stellen Sie fest, welche Gemeinsamkeiten Sie mit Ihrem Gesprächspartner haben. Heben Sie die hervor und sagen Sie etwas Nettes darüber. Leider ist das in unserem Kulturkreis gar nicht so gut angesehen, ich persönlich finde das ja sowieso angenehm und verweise auf meine Buchbesprechung von „Wie man Freunde gewinnt“ von Dale Carnegie, der hat das nämlich auch schon herausgefunden. In einer Untersuchung mit MBA-Studenten hat man ermittelt, dass ein Small Talk vor der Verhandlung die positive Ergebnisbilanz von 55 % auf 90 % angehoben hat.

6. Konsens

Hier geht es um das Prinzip, dass die meisten Menschen intuitiv das tun möchten, was andere, Ihnen ähnliche Menschen auch tun. Um jemanden zu überzeugen, kann man sich das natürlich zunutze machen. Das wunderbare Beispiel von Steve Martin dazu betrifft die Handtücher in Hotels. Man hat herausgefunden, dass es vergleichsweise wenig bringt, die Gäste vom positiven Effekt der Wiederverwendung ihrer Handtücher zu überzeugen. „Damit schonen Sie die Umwelt.“ zieht längst nicht so gut, wie „75% unserer Gäste verwenden ihre Handtücher mehrmals.“, was eine Steigerung von 26% nach sich zieht. Noch stärker zieht folgende Formulierung: „75% der Gäste, die in diesem Hotelzimmer gewohnt haben, haben ihr Handtuch mehrmals verwendet.“ Hier beträgt die Steigerung sogar 33%. Als Überzeugungsinstrument wirkt das meiner Meinung nach vor allem dann, wenn ich eine größere Menge Menschen zu etwas bewegen will, zum Beispiel dazu, an einer Umfrage teilzunehmen.

Diese sechs Grundprinzipen menschlichen Verhaltens sind aus meiner Sicht ausgesprochen hilfreich, um andere zu überzeugen. Und hier kommt wie versprochen der tolle YouTube Clip von Steve Martin und seinem Team, viel Spaß!  Secrets From The Science Of Persuation

Bildrechte: Dr. Robert Cialdini, Steve Martin, CMCT / INFLUENCE AT WORK (IAW®)

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