Oh, Schreck, der Chef ist weg! - Karrierenavigator
Oh, Schreck, der Chef ist weg!
Succession Planning in der Praxis: Nr. 2 lebt
Niemand ist unentbehrlich. Diese Weisheit gilt in vielen Unternehmen genau so lange, bis der Vorgesetzte einer Abteilung mehr oder weniger plötzlich fehlt. Selbst, wenn es sich um einen oft gescholtenen Chef handelt oder jeder damit gerechnet hatte – das Loch, das er hinterlässt, ist oft groß. Ich finde es erstaunlich, wie wenig gerade im Mittelstand daran gedacht wird, eine gute Nummer Zwei aufzubauen. Gerade in Zeiten
des Fachkräftemangels durch den aktuellen demografischen Wandel sollte das eine hohe Priorität haben. Denn das Etablieren einer guten Nummer Zwei für alle kritischen Positionen eines Unternehmens stellt nicht nur organisationale Stabilität sicher, es entlastet auch die Chefs und hält ihnen den Rücken frei für strategisches Arbeiten.
Nach mir die Sintflut
In der Managementliteratur heißt das Succession Planning oder Nachfolgeplanung und ist keinesfalls nur darauf bezogen, dass der Inhaber eines Familienunternehmens abdankt. Vielmehr ist es für Unternehmen fast jeder Größe und zu jeder Zeit relevant. Denn nur zu gern verlässt sich der Abteilungsleiter darauf, dass die Personaler es schon richten, falls er jemals das Unternehmen verlassen sollte, was er ja im Übrigen auch gar nicht vorhat, also tendenziell. Und überhaupt wüsste er auch gar nicht, wer sich da anbieten würde. Schließlich sind seine Mitarbeiter viel zu unerfahren – fachlich könnte man sie ja vielleicht noch aufbauen, aber die Erfahrung! Wo sollten die die so schnell hernehmen? Diese „Nach mir die Sintflut“-Haltung ist aber gerade in der IT äußerst schädlich für die Organisation und auch für die Führungskräfte selbst. Eine gute Nachfolgeplanung ist zudem nicht nur organisatorisch ratsam und wirtschaftlich sinnvoll, sondern auch ganz einfach – wenn man alle Bausteine berücksichtigt. Zu einer guten Nachfolgeplanung gehören die Bestandteile Auswahl, Performance Management, Training & Development und Talent Management.
Kritische Positionen schnell nachbesetzen
Das Ziel ist, dass kritische Positionen schnell mit den richtigen Leuten nachbesetzt werden können, ohne dass die Organisation auf den externen, ausgedünnten Arbeitsmarkt angewiesen ist. Es geht also um nicht weniger als die Sicherung des Unternehmenserfolgs! Und ganz nebenbei ist es für Vorgesetzte eine Chance, sich tatsächlich entbehrlich zu machen. Eine lange Geschäftsreise? Eine unerwartete Krankheit? Der ewig verschobene ausgiebige Familienurlaub? Kein Grund, Magenschmerzen zu bekommen, die Nummer zwei wird es richten. Und wider Erwarten vieler Führungskräfte, mit denen wir täglich sprechen, gibt es diese Nummer zwei meist schon in ihrem Unternehmen. Sie muss nur identifiziert und eventuell noch etwas aufgebaut werden. Aber sie lebt!
Und so gehen Sie vor:
1. Identifizieren Sie die kritischen Funktionen in Ihrem Unternehmen
Kritische Funktionen sind dadurch gekennzeichnet, dass eine längere Vakanz ein hohes Risiko für das Unternehmen mit sich bringen würde. Zum Beispiel, weil sie hohe Umsätze generiert, hoch innovativ ist, Wachstumsstrategien entwickelt, eine große Entscheidungshoheit innehat oder mit strategisch wichtigen Geschäftspartnern vernetzt ist. Zudem haben sie einen hohen externen Arbeitsmarktwert, beinhalten selten anzutreffende Qualifikationen oder sind schwer nachzubesetzen.
2. Identifizieren Sie Lücken
Alle Funktionen, die mehrere der oben genannten Kriterien erfüllen, sollten in ihren oder angrenzen Abteilungen potenzielle Nachfolger - also eine starke Nummer zwei – haben. Ist dies nicht der Fall, besteht Handlungsbedarf!
3. Entwickeln Sie einheitliche Messmethoden für Performance und Potenzial
Hier kommt der Baustein „Performance Management“ zum Tragen. Das ist ein weites Feld, das ich hier nicht erschöpfend ausführen kann, aber im Kern heißt das: Die Leistung Ihrer Mitarbeiter wird systematisch gemessen und bei Bedarf werden unterstützende Maßnahmen ergriffen, die Leistung an die Erwartungen der aktuellen oder künftigen Funktion anzupassen. Diese Performance-Messung ist natürlich von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, aber es gibt hervorragende Instrumente dafür. Bei der top itservices AG beispielsweise gibt es ganz klar fest gelegte, nachvollziehbare Kriterien, die an das Erreichen bestimmter Karrierelevel gebunden sind. Dazu zählen Deckungsbeiträge, bestimmte Qualifikationen sowie einschlägige Erfahrungen. Etwas schwieriger wird es bei der Potenzial-Messung, aber auch hier gibt es inzwischen zahlreiche kleinere und größere, teurere und günstiger, aufwändige und online-basierte schnelle Methoden der Messung. Nutzen Sie die für Ihr Unternehmen passende!
4. Praktizieren Sie Talent Management
Dies ist der Kern jeder Nachfolgeplanung. Wie oft habe ich schon einen Satz wie diesen gehört: „Ich hielt den für einen hervorragenden Mann. Aber als er CIO wurde, musste ich feststellen, dass ich mich geirrt hatte. Wir müssen ihn nun nachbesetzen.“ Gut für Dienstleister wie uns, aber lieber ist uns, Positionen nach einem freiwilligen Weggang nachzubesetzen oder vorhandene Talente in eine Position hinein zu entwickeln. Das bekannteste und greifbarste Instrument ist dabei die so genannte „9 Box Matrix“, auch als „Nine-Box Grid“ bezeichnet. Sie hilft auf einfache Weise, den Talent-Pool eines Unternehmens sicher zu evaluieren. Damit eben Situationen wie die eben beschriebene möglichst nicht entstehen.
Dabei geht es darum, bestehende Mitarbeiter auf den X- und Y-Achsen entlang so einzuordnen, dass man High Potentials identifizieren und daraus konkrete Handlungen ableiten kann. Es überrascht nicht: Der Schwerpunkt der Personalentwicklung liegt bei Mitarbeitern aus den Feldern 1A, 2A und 1B.
1A: Nicht verhungern lassen!
Bei 1A ist nicht mehr viel zu tun, es handelt sich um einen High Performer mit Potenzial für den nächsten Karrierelevel. Achtung: Wenn Sie so jemanden zu lange „verhungern“ lassen, ist er weg! Sie haben keine freie Position? Prüfen Sie da noch einmal. 1A-Kandidaten sind oft auch geeignet, einen Seitwärtsschritt zu machen und zum Beispiel eine Abteilung zu übernehmen, in der sie bisher noch nicht gearbeitet haben. So ein Kandidat möchte sich entwickeln, nutzen Sie das!
1B: Braucht neue Aufgaben
Bei Mitarbeitern aus 1B ist das Potenzial ebenfalls sehr hoch, die Performance ist gut. Geben Sie so jemanden 12 Monate Zeit, in seinen Leistungen exzellent zu werden, geben Sie ihm Aufgaben, für die er bisher noch nicht verantwortlich war und überprüfen Sie, wie er sich macht. Er ist ihr Kandidat für eine zu erwartende Vakanz, die in naher Zukunft entstehen könnte.
2A: Vermitteln Sie Schlüsselqualifikationen
Und bei 2A haben Sie es mit dem High Performer zu tun, der für den nächsten Schritt wahrscheinlich noch übergreifende, strategische Schlüsselqualifikationen aufbauen muss. Diese Kandidaten sind für Ihr Unternehmen äußerst wichtig, da Ihr Weggang meist eine fachliche Lücke reißt. Unterstützen Sie also den Aufbau der notwendigen Schlüsselqualifikationen.
Wenn wir das Konzept der Nachfolgeplanung bei unseren Kunden ansprechen, erleben wir nicht selten Zweierlei: Zustimmung und Ablehnung. „Ja, das ist wichtig. Aber ich glaube nicht, dass ich meine Führungskräfte ins Boot kriege, das mit mir zu planen“. Warum? Weil sie Angst haben, jemand könnte an ihrem Stuhl sägen. Viele Führungskräfte machen sich lieber unentbehrlich, als eine starke Nummer zwei in ihrer Abteilung aufzubauen oder mit der Geschäftsführung an einem stabilen Talent Management zu arbeiten. Das ist aber äußerst kurzfristig gedacht. Das wird jeder bestätigen, der das Glück hat, mit einer starken Nummer zwei zu arbeiten.
Denn abgesehen von den wirtschaftlichen Vorteilen für das Unternehmen: Es macht einfach mehr Spaß!
Sie suchen einen Partner, der das Talent Management in ihrem Unternehmen begleitet und Ihre IT-Fachkräfte fit macht für die Zukunft? Auch das ist ein Angebot der top itservices AG, informieren Sie sich gern unverbindlich.
Bildquelle: Suzanne Tucker/Shutterstock
Topics: Karriere, Management