New Work: Was ist das eigentlich?

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26.04.18 07:02

Der Begriff „New Work“ ist derzeit in aller Munde. Zeit, ihn sich einmal etwas genauer anzuschauen. Zunächst einmal heißt er ja „Neue Arbeit“ und impliziert damit, dass die „Alte Arbeit“ zu Ende geht, sonst bräuchte es ja keine neue – oder? Im Ursprung ist das tatsächlich so. In den siebziger Jahren prägte der Wirtschaftsphilosoph Frithjof Bergmann diesen Begriff und gründete in den achtziger Jahren das Zentrum für „Neue Arbeit“ . Der Hintergrund ist interessant, es ging nämlich um den eigentlichen Sinn von Arbeit. Bergmann hatte in Michigan große Massenentlassungen in der Automobilindustrie miterlebt, ausgelöst durch die Ölkrise. Die meisten der Entlassenen waren für andere Anstellungsverhältnisse nicht qualifiziert und so fragte Bergmann sie, was sie tun wollen. Also im Sinne von „wirklich, wirklich wollen“, wie er sagt. Es entstanden erstaunliche kleine Geschäftsmodelle, viele entlassene Arbeiter verwirklichten sich tatsächlich selbst und konnten gut weiterleben. Diejenigen aber, die nicht wussten, was sie „wirklich, wirklich wollen“, verarmten zumeist und wurden unglücklich. Daraus entwickelte Bergmann sein New Work-Konzept, das nur noch zu einem kleinen Teil Erwerbsarbeit vorsieht. Handlungsfreiheit, Selbstverwirklichung und technologisch geprägte Selbstversorgung sind die Werte, um die sich Arbeit im Wesentlichen drehen soll. Diese Form von Arbeit soll nach Bergmann die herkömmliche Form von Arbeit ersetzen. Er versteht sie als Ablösung der bisherigen kapitalistischen Arbeitswelt.

Inzwischen wird der Begriff etwas anders verwendet, aber wer den Ursprung kennt, hört ihn noch durch. Heute wird „New Work“ oft im Zusammenhang mit der Digitalisierung verwendet. Das liegt daran, dass durch digitale Prozesse maximale Flexibilität möglich wird. Gleichzeitig rücken die Bedürfnisse von hoch informierten Kunden und immer kompetenteren Mitarbeitern in den Mittelpunkt. Standardprozesse wiederum können ausgelagert werden oder werden zunehmend von Robotern übernommen. Die Prozesse der Industrialisierung gelten als Auslaufmodell. Wir bei der top itservices AG merken das auch stetig, denn für Standardprozesse werden von unseren Kunden immer weniger festangestellte Mitarbeiter benötigt. Im folgenden gehe ich auf die wichtigsten Bestandteile des modernen New Work-Verständnisses genauer ein.

Generation Y (Why)

Zu New Work gehört auch der Einfluss der jungen, nachwachsenden Mitarbeiter. Den Generationen Y und Z wird ja so einiges nachgesagt, oft Widersprüchliches. Aber in einem sind sich die Studien und Berichte – und auch meine Erfahrungen – einig: Die jüngeren Arbeitnehmer hinterfragen ihr Tun. Sie wollen mitentscheiden und prüfen sehr genau, ob ein Unternehmen zu ihnen passt. Und auch das ist ein Teil des heutigen New Work-Begriffs. Da Wissens- und Kreativarbeit inzwischen Vorrang vor Standardprozessen erlangt, brauchen die Mitarbeiter aller Ebenen Arbeitsumfelder, die ihnen entsprechen. Übrigens nicht nur die jüngeren, aber die fordern das nach meiner Erfahrung aktiver ein. Wir bei der top itservices AG zum Beispiel haben auch aus diesem Grund ein sehr transparentes Karrieremodell, bei dem wir unsere Mitarbeiter begleiten und coachen. Jeder kann zu jeder Zeit abgleichen, ob er noch auf dem richtigen Weg ist und ob der Weg noch der richtige ist. Das schafft bei vielen eine sehr hohe Zufriedenheit. Eine Auseinandersetzung mit den Millenials finden Sie übrigens in diesem Blogbeitrag.

Agiles Arbeiten

Durch die Digitalisierung haben sich auch Prozesse und das dahinter liegende wirtschaftliche Weltbild verändert, bzw. sind im Begriff dazu. Das Stichwort hier: Agilität. New Work geht aber darüber hinaus. Agilität meint heute ein konsequentes Ausrichten und permanentes Anpassen an Kundenbedürfnisse. Das betrifft nicht mehr nur IT-, sondern auch andere Entwicklungsprozesse in Unternehmen. Bei agilen Prozessen werden statt großen, langfristigen Zielen kurzfristige Subziele vereinbart und verfolgt. So kann schnell auf die sich verändernden Marktbedingungen oder Kundenbedürfnisse reagiert werden und nicht erst am Schluss, wenn das Budget bereits versenkt ist. Zu Agilität gehören also sämtliche Prozesse, die der Lean-Startup-Philosophie zuzuordnen sind (hier ein Beispiel, das ich einmal vorstellte: Business Model Canvas). Wer in agilen Prozessen arbeitet, muss die Verantwortung von Entscheidungen neu definieren, und zwar immer bezogen auf das jeweilige Projekt und unabhängig von Hierarchien. Für unsere Entwickler ist das selbstverständlich, für fast alle anderen Berufsgruppen ist dieses Vorgehen aber noch neu.

Auflösung von Hierarchie

Apropos Hierarchien. Der New Work-Gedanke geht mit Pyramidenstrukturen von Unternehmen hart ins Gericht. Das reicht von der Empfehlung, diese nach Bedarf zu lockern, bis hin zu der völligen Loslösung von klassischen Top-down-Hierarchien. Hintergrund ist, dass man beim New Work-Ansatz davon ausgeht, dass klassische Hierarchien eher bremsen. Innovation und Kreativität kann nach diesem Gedanken nur geschaffen oder freigesetzt werden, wenn man von Weisungsgebundenheit frei ist. Ein sehr konsequentes Modell hierzu heißt Holokratie (Holacracy). Bei diesem Organisationskonzept gibt es statt Hierarchien Kreise, denen bestimmte Rollen zugeordnet sind. Diese sind völlig weisungsungebunden und werden ausschließlich nach Themen zusammengefast (z. B. Marketing). Hat eine Rolle in einem Kreis zu viele oder zu wenige Aufgaben, kann sich der Stelleninhaber eine neue Aufgabe suchen oder im direkten Austausch mit Kollegen Aufgaben abgeben. Hier ist meine Haltung übrigens kritisch. Aus meiner Sicht sind Organisationen dann erfolgreich, wenn sie für bestimmte Themen Hierarchien haben, denn diese schaffen Stabilität und Sicherheit. Für ausgewählte Themen sollte eine Organisation sich aber davon lösen können, um zum Beispiel Veränderungen anzuschieben oder Neues zu schaffen. So halten wir es auch bei der top itservices AG. Neben klaren, aber flachen Strukturen halten wir regelmäßige Offsites ab, bei denen hierarchieübergreifend gearbeitet wird, zum Beispiel bei unseren Recruiter-Summits. Hier geht es nicht darum, bestimmte Ziele zu erreichen, sondern sich auszutauschen, Projekte vorzustellen oder Best Practises zu teilen.

Digitale Zusammenarbeit

Obwohl New Work hauptsächlich eine neue Haltung von Arbeit beschreibt und weniger die Digitalisierung, geht es aber doch auch um Technologie. Neue, digitale Formen der Zusammenarbeit haben längst Einzug gehalten und New Worker nutzen diese auch. Mit Collaboration Tools wie Slack und cloudbasierten Anwendungen wie Google Docs werden Abstimmungsprozesse verkürzt und finden direkter statt. Auch hier geht es nicht um hierarchiekonformes Kommunizieren, sondern um Produktivität. Themen sollen einerseits transparent für alle Beteiligten, andererseits sachbezogen und frei von Mikropolitik besprochen werden. Ich finde diese Entwicklung schon jetzt äußerst relevant. Denn hier geht es auch darum, Ressourcen zu sparen, möglichst zeiteffektiv zu arbeiten und schnell Entscheidungen und Ergebnisse zu produzieren. Wir können froh sein, dass es dafür mittlerweile sehr benutzerfreundliche Anwendungen gibt und sollten uns bemühen, diese so weit wie möglich auch zu nutzen.

Flexibilisierung

Zum New Work-Gedanken zählt eine radikale Orientierung am Kunden und folgerichtig eine Ermächtigung der Mitarbeiter, die mit dem Kunden arbeiten. Und Mitarbeiter, die eigenverantwortlich arbeiten sollen, brauchen Flexibilität. Arbeitszeitmodelle müssen sich nach dem New Work-Gedanken also auch an den Bedürfnissen der Mitarbeiter ausrichten. Auch der Arbeitsort flexibilisiert sich im Konzept von New Work. Während flexiblere Arbeitszeitmodelle in den meisten Firmen Einzug gehalten haben, ist die Flexibilisierung des Arbeitsortes oft schwer umzusetzen. Firmeninterne Abstimmungsprozesse, IT- und Arbeitssicherheit sowie die Schwierigkeit, einheitliche Regularien zu schaffen, machen die Flexibilisierung des Arbeitsortes oft schwer. Dafür ist etwas anderes leichter geworden: Die Flexibilisierung der Arbeitsorganisation. In immer mehr Berufsfeldern wird mit Freelancern gearbeitet, das ist längst nicht mehr nur der IT vorbehalten (stellt aber noch den Löwenanteil dar). Davon haben beide Seiten etwas: Firmen können ihren Personalbedarf flexibel an ihre und vor allem die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen. Und Freiberufler haben eine größere Freiheit bei der Gestaltung ihrer Karriere und ihrer Gestaltung von Arbeit. Ist zum Beispiel ein Einsatz zu Ende, kann eine längere Pause gemacht werden, auch Einsätze für 3 bis 4 Tage pro Woche häufen sich. Welche Vorteile die Arbeit als Freelancer haben kann und was die ersten Schritte sind, wenn man sich dazu entschieden hat, lesen Sie hier in einem älteren Blogbeitrag.

Sinnzentrierung

Ein wesentlicher Gedanke von New Work – und zwar im ursprünglichen ebenso wie im modernen Verständnis – ist die Frage nach dem Sinn. Dabei geht es weniger darum, dass alle nur noch im Umweltschutz oder in der Entwicklungshilfe tätig sind. Sondern es geht darum, den Zweck einer Firma (New Worker sprechen oft von Purpose) mit den eigenen Werten abzugleichen. Rein mechanisches Abarbeiten von Aufgaben, für die man sich nicht interessiert, wird nach dem New Work-Gedanken mehr und mehr aus der Arbeitswelt verschwinden. Ebenso wie die Arbeit in Firmen, deren Kultur nicht zu den Personen passt. Ich halte das für eine sehr gute und wichtige Entwicklung. Arbeit wird immer komplexer, reine Standardaufgaben weniger. Um gute Arbeit zu leisten, und zwar auf allen Ebenen, muss man sich mit dem Unternehmen und seiner Aufgabe identifizieren. Wir achten schon im Recruiting sehr darauf, dass unsere eigenen Mitarbeiter mit unseren Firmenwerten übereinstimmen. Und auch bei den Einsätzen unserer Freelancer bei unseren Kunden und in der Vermittlung prüfen wir nicht nur fachliche Fähigkeiten, sondern Motivation und präferierte Firmenkultur sorgfältig. Nur so kann Zusammenarbeit gut gelingen.

Ich bin sehr gespannt, in welchem Tempo und Umfang New Work in unsere jetzige Arbeitswelt Einzug hält. Vor allem freue ich mich, dass ich einige der Ideen durch meine eigene Arbeit als Vorstandsvorsitzender für die top itservices AG mitgestalten kann.

Haben Sie auch Lust dazu? Sind Sie IT- oder Engineering-Freelancer und auf der Suche nach Ihrem nächsten Einsatz? Oder suchen Sie eine Festanstellung im Bereich Recruiting oder Vertrieb? Hier geht es zu unseren Einsatzmöglichkeiten für Freelancer und hier zu unseren offenen Stellen im Bereich Business Development, Recruiting und Vertrieb.

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Topics: Neue Arbeitswelt

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