Der Minuten Manager

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13.03.15 14:29

Meine neueste Buchbesprechung greift einen Klassiker auf: Den Minuten Manager. Es gibt meiner Meinung nach kein besseres Buch, das Managern mehr Freiraum verschafft, als dieses. Lesen Sie es, die investierte Zeit holen Sie locker wieder rein!

Warum ist dieses Buch relevant?

Seit ich das Buch vor vielen Jahren gelesen habe, hat mich das Bild des „Monkey on my back“ (in der deutschen Übersetzung als „Affe“ bezeichnet) nie wieder los gelassen. Affe? Genau. So bezeichnet Keneth Blanchard die nächste zu erledigende Aufgabe. Dieses Buch ist für jeden relevant, der zu viele Aufgaben auf seinem Tisch hat. Und wer hat das nicht? David Allan, „Getting Things Done“-Guru, beschreibt, dass Professionals über 150 Commitments haben. Bei Managern ist es häufig ein Vielfaches mehr.

Sehr praxisnahe Beispiele aus dem Arbeitsleben fast jeder Führungskraft illustrieren die Herausforderung. „Kann ich Sie einen Moment sprechen? Wir haben da ein Problem“. So wird der Ich-Erzähler des Buches auf dem Flur angesprochen. Da dieser wissen möchte, was seine Mitarbeiter machen, hört er zu und steigt schließlich auf das Problem ein. Aus dem „Moment“ wird eine halbe Stunde, zum nächsten Meeting kommt er zu spät und lösen konnte der Manager das Problem auf die Schnelle natürlich auch nicht. „Aber ich will darüber nachdenken und Sie dann wieder ansprechen“. So trennten die zwei sich auf dem Flur und damit wird klar, wie schnell die nächste zu erledigende Aufgabe auf die Schultern der Führungskraft springt. Das Fatale: Diese wird dann zum Mitarbeiter und der Mitarbeiter zum Chef. „Und? Haben Sie schon drüber nachgedacht?“ wird der Mitarbeiter das nächste Mal fragen. Wie sehr fand ich mich in dieser und ähnlichen Schilderungen wieder!

Was ist die Essenz dieses Buches?

In dem Buch von Blanchard wird das Problem operativer Überlastung von Managern sehr anschaulich aufgegriffen und gelöst. Denn es liegt ja auf der Hand, dass nicht nur die Führungskräfte darunter leiden, sondern auch die Mitarbeiter, die dauernd auf die Reaktion der Führungskräfte angewiesen sind. Folgerichtig kommt Blanchard zu dem Schluss, dass die Kontrolle über die Aufgaben an die Mitarbeiter zurückgegeben werden muss. Das befähigt sie, selbstständig zu handeln und befreit die Führungskraft von Mikroschritten, um die eigentlichen Aufgaben erledigen zu können.

Das entsprechende Management stellt also sicher, dass jede Aufgabe die folgende Grundausstattung hat:

1. Eine Definition – Die nächsten Schritte werden festgelegt

Egal, wie komplex das Problem oder die Aufgabe ist, es gibt immer einen nächsten Schritt. Diesen gilt es präzise zu formulieren, und zwar so, dass der Schritt von der zuständigen Person aktiv übernommen wird und eben nicht von der Führungskraft. „Bereiten Sie ein Angebot vor“, „Schreiben sie bitte eine Empfehlung“, das sind konkret formulierte nächste Schritte, die vom Mitarbeiter zu erledigen sind. Aber Achtung: Dabei darf es nicht bleiben. Erhält man dann eine ellenlange E-Mail mit einer Empfehlung, gilt es von neuem, dem Mitarbeiter die Zuständigkeit zurückzugeben. Zum Beispiel, indem man ihn bittet, die Empfehlung kurz zu erläutern, so dass man eine gute Entscheidung treffen kann – deren Umsetzung im nächsten Schritt wiederum beim Mitarbeiter liegen wird!

2. Einen Besitzer – Der Affe wird einem Mitarbeiter zugeteilt

Hier geht es darum, die nächste Aufgabe vom richtigen Mitarbeiter zur richtigen Zeit auf die richtige Art tun zu lassen. Dabei gilt grundsätzlich: „Alle Affen gehören auf die unterste Organisationsebene, auf der ihr Wohlergehen garantiert ist!“ Aus mehreren Gründen: Diese Mitarbeiter haben oft mehr Zeit und Wissen, wie mit einer Aufgabe umzugehen ist, zudem sind sie näher an ihrem eigenen Arbeitsbereich und dadurch besser befähigt, „den Affen zu versorgen“. Außerdem wird von unten nach oben so mehr Zeit für strategisches Arbeiten frei gesetzt. Wie oft höre ich in Bewerbungsgesprächen gerade mit Führungskräften: „Ich suche einen Job, in dem ich weniger operativ und mehr strategisch arbeiten kann.“ Gleichzeitig kenne ich die Aussage von jüngeren Fachkräften: „Ich könnte viel mehr Aufgaben selbst erledigen, aber mein Chef funkt dauernd hinein und am Ende macht er es selbst.“ Anders ausgedrückt: Übernimmt die übergeordnete Organisationsebene zu viele Aufgaben selbst, nimmt sie sie ihren rechtmäßigen Besitzern weg.

3. Versicherungspolicen – Das Risiko wird abgedeckt

Das klingt jetzt bürokratischer, als es gemeint ist. Gemeint ist: „So viel Freiraum wie möglich und so viel Kontrolle wie nötig“. Es geht also darum, die Mitarbeiter nicht permanent zu überfordern und dadurch lauter Fehlentscheidungen zu produzieren.  Daher muss sich jede Führungskraft, die eine Aufgabe zurück delegiert, vorher darüber im Klaren sein: Soll die Person etwas vorschlagen und dann – nach meiner Genehmigung – handeln? Oder soll sie handeln und mich im Nachhinein informieren? Diese Entscheidung trifft die Führungskraft, und zwar von Fall zu Fall. Aber die Marschrichtung dabei sollte klar sein: Die Mitarbeiter zu so viel Verantwortung wie möglich ermutigen!  Ich selbst musste mir in diesem Zusammenhang bewusst machen, wie wichtig es an dieser Stelle ist, das Selbstvertrauen der Mitarbeiter und damit auch mein Vertrauen in sie aufzubauen. Ich muss sie dabei „erwischen“, wenn sie etwas richtig machen. Früher habe ich mich bisweilen darauf konzentriert, Fehler zu finden, anzusprechen und so auszumerzen. Übrigens ein besonders in Deutschland beliebtes Verhalten, das in die falsche Richtung läuft. Risikominimierung läuft genau anders herum: Erfolge finden und feiern und so Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter aufbauen!

4. Futter und Untersuchungstermine – Zeit und Ort für eine Nachuntersuchung werden bestimmt

Hiermit ist der Check-Up gemeint – der regelmäßige Untersuchungstermin des Affen beim „Arzt“ oder anders ausgedrückt, Kontrolltermine. Das ist aus zwei Gründen notwendig: Erstens, um die Mitarbeiter dabei zu erwischen, wie sie ihre Sache gut gemacht haben und sie dafür zu loben. Und zweitens, um die Mitarbeiter zu entwickeln. Brauchen sie eventuell etwas mehr Anleitung oder Informationen? Brauchen sie ein Training oder Coaching? Oder muss die Aufgabe angepasst werden? Achtung, hier ist wichtig: So wenig Untersuchungstermine wie möglich, das heißt, die Führungskraft sollte möglichst früh den ersten Kontrolltermin anberaumen und dann die Mitarbeiter ihre Aufgaben nach bestem Vermögen selbst „verarzten“ lassen.

Was mir dieses Buch bedeutet

Ich weiß gar nicht, ob ich das Buch unter „Delegation“ oder unter „Zeitmanagement“ einordnen soll. Aber eines weiß ich: Beides gelingt mir seit Lektüre dieses Buches spürbar besser! Sobald ich merke, dass ich zu viele hoch operative Aufgaben auf meinem Tisch liegen habe, spüre ich inzwischen förmlich, wie sich ein Affe in meine Schultern krallt und ergreife sofort die entsprechenden Maßnahmen. Auf jeden Fall ist dieses Buch aber eins (auch, wenn es so vielleicht gar nicht gemeint war): Die Grundlage jeder guten Personalentwicklung. Jeder Vorgesetzte, der strategisch oder innovativ arbeiten möchte, ist auf eine leistungsstarke, eigenverantwortlich arbeitende Mannschaft angewiesen. Und die kriege ich nur, wenn die Mitarbeiter gefordert werden, Verantwortung für ihre Aufgaben zu übernehmen. Dafür kriege ich das Wertvollste, das eine Führungskraft haben kann: Zeit.

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