Buchbesprechung: Die Personalfalle

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31.07.18 14:43

Heute stelle ich Ihnen ein Buch vor, das aus meiner Sicht für Firmenchefs einfach wichtig ist. Es handelt von Personalmanagement. Wie oft hört man den Satz „Ich finde keine guten Leute!“. Oder diesen: „In Zeiten von Fachkräftemangel kann ich es mir einfach nicht leisten, meine besten Leute an den Arbeitsmarkt zu verlieren“.

Das Buch „Die Personalfalle“ von Jörg Knoblauch (Campus Verlag, 2010)  rüttelt diejenigen auf, die es sich in ihrer Personalpolitik bequem gemacht haben – frei nach dem Motto ‚Es ist eben alles etwas schwieriger geworden‘. Das mag stimmen oder nicht, fest steht: Firmenlenker müssen ihre Personalstrategien entsprechend gestalten. Wie, das beschreibt dieses Buch.

Knoblauch fordert zunächst dazu auf, die Mitarbeiter eines Unternehmens in leistungsschwache (C-), mittelmäßige (B-) und leistungsstarke (A-) Mitarbeiter zu unterteilen. Dabei ist natürlich unbestritten, dass C-Mitarbeiter eines Unternehmens woanders A-Mitarbeiter sein können. Für mich waren beim Lesen zwei Aspekte besonders wichtig: Wie halte ich die besten Mitarbeiter und wie sorge ich dafür, dass diese überhaupt in mein Unternehmen kommen? Knoblauch wird hier sehr konkret.

Mehr als nur Geld

Der einfache Deal, gute Leistung - viel Geld, hervorragende Leistung - noch mehr Geld, zieht nicht mehr. Selbstverständlich müssen top Leute gut bezahlt werden. Aber das ist es nicht, was sie dauerhaft hält. Gute Mitarbeiter brauchen darüber hinaus Anreize, um einem Unternehmen treu zu bleiben. Dazu zählen: Eigenverantwortung, Transparenz, Entwicklungsperspektiven, Vertrauen und Kooperation. Anders ausgedrückt: Führung und Motivation über das Schaffen von monetären Privilegien ist out. Leistungsträger wollen gestalten. Sie wollen eigene Lösungen finden und einbringen können, sie wollen informiert sein und ein dafür offenes Arbeitsumfeld vorfinden. Übrigens: Knoblauch weist sehr richtig darauf hin, dass Leistung nichts mit Hierarchie oder Position zu tun hat. Es gibt leistungsstarke und -schwache Mitarbeiter in allen Bereichen und Ebenen. Das entspricht auch meiner Erfahrung. Mitarbeiter können in jeder Funktion exzellent, energiegeladen und höchst wirksam sein, oder eben nicht. Auf allen Ebenen muss also neben dem monetären Anreiz vor allem auch über Gestaltungsmöglichkeiten, Offenheit und Vertrauen motiviert werden.

Einstellungsprozesse professionalisieren

Ein anderer wichtiger Punkt für Knoblauch und für mich der wichtigste Teil des Buches ist der Einstellungsprozess. Knoblauch schreibt sinngemäß: Wer die besten Leute für sein Unternehmen gewinnen will, muss selbst wie ein A-Mitarbeiter denken. Diesen Appell richtet er an die Personalabteilungen, die aus seiner Sicht oft reine Verwaltungsabteilungen sind, die in Rekrutierungsprozessen falschen Glaubenssätzen aufsitzen. Viel zu sehr vertrauten sie auf das Bauchgefühl und gingen davon aus, dass Bewerber sich in Einstellungsprozessen von ihrer authentischen Seite zeigten, beklagt Knoblauch. Mit Standardfragen würden sie versuchen, Leistungsfähigkeit von Bewerbern abzufragen. Ansonsten würden sie hauptsächlich an Jubiläen erinnern und personalrelevante Abrechnungsprozesse steuern. Hier gehe ich mit Knoblauch nicht ganz konform. Zwar stimme ich zu, dass der Personalauswahl eine zentrale Rolle für Firmenerfolg zukommt und auch darin, dass Personalabteilungen hier professioneller und vor allem gestalterischer sein müssen, als sie es oft sind. Aber HR-Abteilungen wie von ihm beschrieben gibt es aus meiner Erfahrung nur noch sehr wenige.

9-Schritte-Einstellungsprozess

Den von ihm skizzierten 9-Schritte-Einstellungsprozess halte ich für hervorragend. Ebenso wie seine Forderung, dass diese Prozesse von ganz oben mitgesteuert werden müssen, damit sie Wichtigkeit erlangen. Und sie müssen laufend stattfinden und nicht erst dann, wenn alle Guten weg sind. Denn auch das habe ich in einigen Unternehmen beobachtet. Wenn der erste A-Mitarbeiter geht, entsteht eine Art Sogwirkung. Innerhalb kürzester Zeit stehen die Unternehmen dann ohne starke Mannschaft da und die Inhaber und Geschäftsführer sind bestürzt und hilflos. Wer sich aber ständig darum bemüht, die besten Leute zu kriegen und zu halten, wird in so ein Loch gar nicht erst fallen. Aber zurück zum Recruiting. Knoblauch empfiehlt einen umfangreichen Einstellungsprozess, der aus neun Schritten besteht, und den möchte ich hier mit Ihnen teilen:

1. Erstellen eines aussagefähigen Anforderungsprofils

Der Schwerpunkt liegt auf „aussagefähig“. Floskeln wie „Teamfähigkeit“ oder „Flexibilität“ reichen nicht, das schreiben alle. Messbare Leistungskriterien gehören schon in das Anforderungsprofil. Damit spricht mir Knoblauch sehr aus dem Herzen. In unserem Unternehmen gibt es ein transparentes Karrieremodell, das an konkrete Leistungen und Leistungsmessung geknüpft ist. Schon im Anforderungsprofil für jede Stelle sind diese Kriterien enthalten.

2. Stellenanzeigen und Netzwerke

Zwar müssen nach wie vor (gute!) Stellenanzeigen in den einschlägigen Medien geschaltet werden. Aber die besten Kandidaten findet man über Netzwerke. Denn die besten Mitarbeiter empfehlen die besten Leute. Für Firmeninhaber wie für Führungskräfte gilt also: Vernetzen Sie sich! Wie das gelingt schrieb, ich jüngst hier in diesem Blog.

3. Personalfragebogen

In den meisten Firmen ist das ein Standardinstrument, das von den Kandidaten halbherzig ausgefüllt und von Personalabteilungen halbherzig verwaltet wird. Dabei birgt dieser Bogen die Möglichkeit, die fachliche Eignung schon einmal vorab zu prüfen. Voraussetzung ist, dass er an unterschiedliche Funktionen angepasst und sorgfältig ausgefüllt und geprüft wird. Ich persönlich finde den Personalfragebogen dafür nicht ganz geeignet, gehe aber absolut damit konform, dass die Befähigung von Mitarbeitern gleich zu Beginn sorgfältig und zentral festgehalten und ständig aktualisiert werden sollte. Denn nur so können Veränderungsprozesse in Firmen von denen mitgestaltet werden, die dafür geeignet sind. Was diese wiederum motiviert, Teil des Unternehmens zu bleiben.

4. Telefoninterviews

Hier geht es ihm vor allem darum, nicht ins Plaudern zu kommen. Solche Interviews machen nur dann Sinn, wenn sie strukturiert ablaufen. Da bin ich ganz bei Knoblauch. Denn sonst vergleicht man „Bauchgefühl“ mit „Bauchgefühl“. Dass jemand am Telefon besser „rüberkommt“ als jemand anderes ist zunächst einmal kein Kriterium für Leistungsfähigkeit. Über vergangene Erfolge und Misserfolge zu sprechen, schon. Wichtig ist, dass diese Interviews vergleichbar sind und damit ein echtes Vorauswahl-Kriterium. Denn: Nur, wer sich im Telefoninterview bewährt, sollte eingeladen werden, sonst kann man sich die Zeit sparen.

5. Erstes Interview

Wie die Überschrift schon suggeriert, gibt es davon noch ein Weiteres. Im ersten persönlichen Treffen sollte es darum gehen, möglichst viele Entscheider zu treffen. Dazu zählen nach Knoblauch der Unternehmenschef, die direkten Vorgesetzten und auch die Mitarbeiter. Ich persönlich finde es klasse, Mitarbeiter einzubinden – allerdings nur dann, wenn sie nicht ihre eigene Stelle nachbesetzen sollen. Aber den Eindruck und das Feedback des Teams kann man, wenn möglich, schon einholen. Den Unternehmenschef würde ich tatsächlich aus den meisten Gesprächen erst einmal ausklammern. Wer eine gute Führungsriege hat, sollte ihr insofern auch vertrauen, als das sie gute Personalentscheidungen trifft. Und auch hier gilt: Die Gespräche müssen strukturiert und miteinander vergleichbar ablaufen. Subjektive Lieblingsfragen der Personalabteilung sollten hier durch relevante, von der Führungskraft mit ausgewählten Fragen abgelöst werden. Richtig so!

6. Referenzen einholen

Das ist ein nur in wenigen Bereichen übliches Vorgehen in Deutschland. Aber tatsächlich hilft es doch sehr, sich mit vorherigen Vorgesetzten auszutauschen. Dazu ist es notwendig, dass sowohl der Kandidat als auch der Auskunftgeber ihr Einverständnis geben. Schon wer überhaupt dieses Einverständnis gibt, kann ein Indiz für vergangenen Erfolge und Misserfolge sein. Wichtig aus meiner Sicht ist hier ein gründliches Nachfragen. Aus zwei Gründen: Zum einen, um Gefälligkeiten zu erkennen, zum anderen muss auch genau auf das Arbeitsumfeld geschaut werden. Schließlich kann ein Misserfolg in einem Arbeitsumfeld genau zum Erfolgsfaktor für das nächste werden. Wer in einem Unternehmen als Querulant unliebsam war, kann im nächsten die wichtigsten Impulse geben. Daher muss bei Referenzen genau nachgefragt werden, welche Erwartungen der Chef an den Funktionsinhaber hatte und wo diese erfüllt oder eben nicht erfüllt waren.

7. Zweites Interview

Fachlich konnte der Bewerber sich ja nun recht gründlich darstellen. Sicherlich hat man in all diesen Gesprächen auch einen Eindruck über seine Persönlichkeit erlangt. Aber auch diesen Eindruck gilt es zu verifizieren. Gerade heutzutage sind Werte, Motive und Charaktereigenschaften wichtiger denn je. Nicht nur dafür, dass man den besten Bewerber einstellt. Sondern auch dafür, dass der Kandidat zu einem zufriedenen und damit leistungsstarken Mitarbeiter wird.  Wer in einem Unternehmen anheuert, das ihm auf der persönlichen Ebene gar nicht entspricht, wird ganz sicher kein A-Mitarbeiter werden. Hier besteht auch die Chance, fehlende persönliche Fähigkeiten innerhalb eines Teams (Achtung: heterogen rekrutieren!) durch einen neuen Mitarbeiter zu ergänzen.

8. Bewerber gewinnen

Jetzt geht es tatsächlich um den Fachkräftemangel. Gute Mitarbeiter aller Ebenen können sich ihr Unternehmen aussuchen. Die Chefs müssen ihre Bewerber also für ihr Unternehmen begeistern. Und sich auch kümmern! Wird der Umzug bezahlt? Wie transparent ist das Unternehmen tatsächlich, welche Informationen gibt die potenzielle Führungskraft heraus? Erfolgreiche Unternehmen müssen sich hier zunehmend strecken. Aber: das lohnt sich in jeder Hinsicht, denn nichts ist wirtschaftlich schlimmer, als 80 Prozent B- oder C-Mitarbeiter, die froh sind, überhaupt eine Stelle ergattert zu haben (Die Zahl stammt ebenfalls aus dem Buch, ich halte diese Beobachtung für etwas überspitzt. In der Aussage sind wir uns aber einig).

9. Probezeit mit Meilensteinen

Dass jemand einen Arbeitsvertrag unterschrieben hat, heißt noch lange nicht, dass er bleibt. Oder bleiben soll. Die Probezeit ist allen hinlänglich bekannt, sie gilt als Zitterpartie auf beiden Seiten, die es zu überstehen gilt. Das wird ihr aber gar nicht gerecht und so sieht es auch Knoblauch. Man sollte sie nämlich nutzen und aktiv gestalten. Schon in der Probezeit können konkrete Ziele und Meilensteine verabredet werden. Und – ganz wichtig: Wer diese nicht erreicht, besteht auch nicht die Probezeit. Dafür ist sie da! An dieser Stelle sei vermerkt, dass auch das eine beidseitige Verabredung ist. Auch ein Mitarbeiter kann sich Meilensteine oder Kriterien zurechtlegen. Es hilft aber alles nichts: Passen Mitarbeiter und Unternehmen nicht zusammen, gehören sie auch nicht zusammen. Es ist die Verantwortung der Führungskräfte, dies zu prüfen und zu gewährleisten, dass das Unternehmen entsprechend handelt.

Ich finde es prima, wie konkret und jenseits von Ideologien Knoblauch seine Forderungen an gutes Personalmanagement und besonders Rekrutierung aufstellt. Dabei hat er beide Seiten gleichermaßen im Blick. Mit seinen neun Schritten macht er zudem sehr deutlich, wie wichtig gute Personalführung schon vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses ist. Ein, zwei nette Plaudereien helfen einfach nicht, um die besten Mitarbeiter, sprich: passendsten Kandidaten zu finden. Und noch etwas finde ich wichtig und einen wertvollen Hinweis im Buch: strukturierte Prozesse. Gesprächsleitfäden und ein klares Vorgehen sichern eine hohe Qualität schon bei Einstellungsprozessen. Und das ist in der Tat Chefsache, so, wie Knoblauch es postuliert. Gerade im Mittelstand muss die Unternehmensspitze Verantwortung übernehmen, dass genug Ressourcen in die qualifizierte Gewinnung von Mitarbeitern fließen.

Knoblauch fasst die Probleme der Personalführung in etwa so zusammen: verfehlte Einstellungsprozesse, weiterbildungsunwillige Führungskräfte, zu wenig Leistungsorientierung, fragwürdige Motivation. Ich bin hier nicht auf alle Aspekte eingegangen, stimme aber in allen zu. Vielleicht haben Sie ja selbst Lust, das Buch zu lesen. Ich glaube, dass die Lektüre dieses Buches wach- und aufrütteln kann und empfehle es jedem, der seine Personalpolitik reflektieren und verändern möchte.

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