Bin ich eine Führungskraft? So finden Sie es heraus

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23.05.18 20:35

Diesen Blogbeitrag schreibe ich, weil ein Freund mir neulich etwas erzählte, worüber ich eine Weile nachdachte. Er hat eine steile Karriere hingelegt, nun aber gerade seine aktuelle Anstellung aufgegeben. Er wolle etwas völlig anderes machen, wisse aber noch nicht genau was. „Auf zu neuen Ufern!“ meinte er und es klang nicht ganz so frohgemut, wie es wohl sollte. Und dann sagte er dieses: „Eigentlich wollte ich nie Führungskraft sein. Von Anfang an nicht. Ich bin da damals vor 15 Jahren so reingerutscht und dann bin ich es halt geblieben. Ich bin froh, dass ich nun noch einmal neu überlegen kann, was ich eigentlich wirklich will.“ Und ich dachte: „Fünfzehn Jahre!“ Er hatte 15 Jahre Menschen geführt, ohne das eigentlich zu wollen. Wie kann das sein? Man wird ihn ja sicherlich gefragt haben, ob er das Angebot annehmen möchte, niemand hatte ihn gezwungen. Warum hat er „Ja“ zu einer Führungsposition gesagt, obwohl er die eigentlich von Anfang an gar nicht wollte? Und dann bei jeder Beförderung wieder? Ein Phänomen, das ich näher beleuchten möchte. Denn ich glaube, dass das gar nicht so selten ist.

Stolz, „es geschafft zu haben“

Gerade, wer das erste Mal an der Schwelle steht, fragt sich eher selten, ob er überhaupt führen will. Das hat mehrere Gründe: Zum einen natürlich Stolz. Nun ist man also Chef, das ist für viele erstrebenswert, einfach auf Grund des Status. Nur wenige fragen sich an der Stelle, ob die damit verbundenen Aufgaben überhaupt zu ihnen passen. Man muss nicht gleich das Peter-Prinzip heranziehen. Nach diesem wird in hierarchischen Strukturen jeder so lange befördert, bis er für seine Position völlig ungeeignet ist. Die Arbeit wird also jeweils von den noch kompetenten untergebenen Mitarbeitern erledigt. Das ist schon eine eher krasse Interpretation von Karriere in größeren Unternehmen. Aber in der „milden“ Form ist es sicher weit verbreitet. Die nächste Karrierestufe ist eben immer die bessere und die erste Führungsposition ist etwas Besonderes. Damit verknüpft ist ein Gefühl von „Ich habe es geschafft“.

Oft wird gar nicht geführt

Ein anderer Grund, warum auch solche Menschen Führungskräfte werden, die das im Kern eigentlich nicht wollen, ist, dass gerade im unteren Management oft gar nicht geführt wird. Und zwar deshalb, weil das auch gar nicht erwartet wird. Obwohl der Manager Mitarbeiter betreut und im Organigramm eben auch Funktionen an der eigenen „hängen“, geht es oft mehr um fachliche Expertise. Befördert wird, wer dran ist und wer fachlich fit ist. Erst bei der ersten schwierigen Führungssituation merkt der Betreffende dann vielleicht, dass ihm das Führen von Mitarbeitern in letzter Konsequenz gar nicht liegt.

Frage erst sich selbst beantworten

Daher empfehle ich, dass jeder, der Führungskraft wird oder werden kann, sich vorher sorgfältig damit auseinandersetzt, welche Haltungen und Eigenschaften dafür notwendig sind – und ob er sie mitbringt. Unabhängig davon, wie die Beförderungskultur im Unternehmen ist und warum jemand vielleicht zur Führungskraft ernannt wird. Denn diese Frage kann und muss man bei aller inzwischen hervorragenden Diagnostik vor allem sich selbst beantworten. Als Mensch, der für sich selbst Verantwortung übernimmt, sollte man das auch tun.

Hier sind die Eigenschaften oder Handlungsweisen, die Ihnen bei der Beantwortung der Frage „Bin ich eine Führungskraft?“ weiterhelfen:

1. Um Ihre Idee oder Vision umzusetzen, warten Sie nicht, bis Sie dazu ausreichend Personal oder andere Ressourcen zur Verfügung haben.

2. Sie erkennen den derzeitigen Satus Quo an. Gleichzeitig fragen Sie sich immer wieder, wie es besser sein könnte.

3. Sie geben Fehler unumwunden zu und haben – wenn etwas schief gelaufen ist – bereits einen Vorschlag, wie Sie selbst das künftig vermeiden können.

4. Für Sie sind gute Arbeitsbeziehungen wichtiger als das perfekte Erledigen von Aufgaben.

5. Sie verhalten sich so, wie Sie es vorgeben zu tun und wie Sie es von anderen auch erwarten.

6. Sie haben große Träume. So groß, dass deren Umsetzung fast unmöglich erscheint.

7. Sie bringen Leute gern zusammen und fördern jedweden Dialog.

8. Sie wollen wirklich einen Unterschied machen und Dinge signifikant verbessern.

9. Sie suchen die Schuld nicht bei anderen. Für Schwierigkeiten innerhalb Ihres Verantwortungsbereiches übernehmen Sie Verantwortung, auch, wenn es schmerzhaft ist.

10. Sie wissen, dass Sie auf die Dinge Einfluss nehmen können. Auch dann, wenn Sie nicht offiziell zuständig sind.

11. Sie sind bereit, unkomfortable, unbequeme und für Sie schmerzhafte Dinge zu tun, wenn es notwendig ist.

12. Sie werden vielleicht gern gemocht, aber nicht notwendiger Weise von allen.

13. Sie verstehen sich als Lernender. Sie lesen Bücher, hören Podcasts, hören Ihren Mitarbeitern, Kollegen und Geschäftspartnern vorurteilsfrei zu und Sie gehen gern auf Konferenzen, um sich inspirieren zu lassen.

14. Sie haben gern Einfluss, aber brauchen keine Macht.

Wie sich im Gespräch mit meinem Freund herausstellte, gab es bei einigen dieser Punkte ein klares „Nein“. Zum Beispiel bei Punkt 4. Er war stets hervorragend in dem, was er tat. Kollegen und später auch Mitarbeiter waren für ihn eigentlich nur ein Mittel zum Zweck, um eben gute Ergebnisse zu liefern, sie standen aber nie im Mittelpunkt. Ich erinnere mich daran, dass er oft stöhnte. Er müsse sich eigentlich nur noch um Personalthemen kümmern und käme gar nicht mehr zu seiner eigentlichen Arbeit. Das ist interessant, denn das Kümmern um Personalthemen ist ja die Arbeit einer Führungskraft – zumindest ein großer Teil davon. Auch das Verlassen seiner Komfortzone (Punkt 11) gehörte nicht zu seiner Paradedisziplin. Einmal musste er mehrere Mitarbeiter entlassen. Das ist ja für niemanden schön. Aber ihn nahm das unbewusst so mit, dass er einen Infekt nach dem anderen hatte. Am Ende musste sein Stellvertreter einen Großteil der Entlassungsgespräche führen.

Bei näherer Beschäftigung mit dem Thema fallen mir mehrere Führungskräfte ein, bei denen einige der oben genannten Punkte konträr zu ihrer Person, ihren Wünschen oder ihrer Haltung stehen. Ich persönlich finde das überhaupt nicht schlimm. Schlimm finde ich nur, wenn man sich das erst dann bewusst macht, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Sprich: Man viele Jahre unglücklich war oder tatsächlich Schaden verursacht hat, weil man gar nicht führen wollte. Ganz zu Beginn meines Blogs habe ich schon einmal das Thema Verantwortung als Führungskraft (also die Punkte 3, 9 und 11) verbloggt. Hier geht es zu dem Beitrag.

Fachkarriere planen und einfordern

Es gibt noch einen weiteren Stolperstein, der es manchem Experten schwer macht, auf eine Führungsaufgabe zu verzichten. Und die liegt im jeweiligen Unternehmen. Genauer: in dessen Karriere- und Entlohnungspraxis. Nicht selten ist an bestimmte Gehaltslevel auch ein Umfang an Führungsverantwortung geknüpft. Das wird aber denen nicht gerecht, die fachlich herausragend (und oft auch sehr schwer zu ersetzen) sind, aber eben keine Führungspersönlichkeiten. Viele Unternehmen (so auch die top itservices AG) bieten neben der Führungskarriere eine Fachkarriere an. Ist das nicht der Fall, sollte die betreffende Person gut argumentieren und verhandeln. Denn eine Fachkraft kann für ein Unternehmen ebenso wertvoll sein, wie eine gute Führungspersönlichkeit. Manchmal sogar wertvoller. Nicht wenige Manager mit Führungsverantwortung sind leichter zu ersetzen, als bestimmtes Wissen oder Erfahrungen in einem Fachgebiet. Für den Experten heißt das: Wer sich für eine Fachkarriere entscheidet, muss dieses aktiv planen und im Unternehmen gegebenenfalls einfordern. Das hätte aus meines Sicht mein Freund tun müssen, um nicht 15 Jahre als unfreiwillige Führungskraft Karriere zu machen. Hier hilft Selbst-Bewusstsein im Wortsinne. Machen Sie sich also bewusst, was Sie wirklich wollen und planen Sie Ihren beruflichen Weg entsprechend.

Wie ist es bei Ihnen? Führen Sie gern? Oder sind Sie auf der Schwelle zur Übernahme von Führungsverantwortung? Falls das der Fall ist: Machen Sie eine ausgedehnte Radtour, fahren Sie ans Meer, gehen Sie spazieren – und überlegen Sie sich gut, ob Sie das wirklich wollen. Wenn ja: Viel Erfolg! (Wenn nicht: auch).

Und Sie? Sind Sie schon Führungskraft oder auf dem Weg dahin? Oder streben Sie eine Fachkarriere im Bereich Vertrieb oder Recruiting an? Wir suchen und fördern Nachwuchskräfte, die Lust haben, Verantwortung zu übernehmen. Transparente Karrierepfade sowie Begleitung und Weiterentwicklung unserer Mitarbeiter sind seit vielen Jahren für uns selbstverständlich.  Hier geht es zu unseren offenen Stellen im Bereich Business Development, Recruiting und Vertrieb. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

Bildquelle: marvent / Shutterstock

Topics: KarriereManagement

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